Digital Verkaufen
06.12.2024
6 Min. Lesezeit
Online-Kurse sind fester Bestandteil der heutigen Zeit. Doch zwischen Video-Tutorials und digitalen Quizfragen taucht ein Begriff immer öfter auf: das FernUSG. In den 70er Jahren für gedruckte Lehrbriefe entstanden, hat das Gesetz heute Angebote zur digitalen Wissensvermittlung in der Hand. Aber wie gut lässt sich ein 50 Jahre altes Gesetz in Zeiten der Digitalisierung anwenden? Und was bedeutet das für Online-Unternehmer und deren Angebote?
Aus der Ferne lernen – das Konzept gibt es schon lange. Bereits im 19. Jahrhundert wurde Wissen über weite Strecken transportiert und so weitergegeben. Fester Bestandteil der deutschen Wirtschaft wurde der Fernunterricht dann in den 1970er Jahren.
1976 wurde im Zuge der Verbreitung von Fernunterricht das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) erlassen, um Teilnehmer der Kurse zu schützen. Das hatte zwei Gründe:
Ab diesem Zeitpunkt mussten Kurse staatlich zugelassen und zertifiziert werden. Für die damals rund 1300 Kurse kein Problem. Heute sieht das anders aus. In den letzten 50 Jahren hat sich die digitale Wissensvermittlung rasant weiterentwickelt. Mit der Digitalisierung haben sich nicht nur die Möglichkeiten und Angebotsarten zur Wissensvermittlung verändert. Auch die Anzahl eben jener Angebote hat sich massiv erhöht und immer mehr Menschen haben den Willen, sich in allen möglichen Bereichen weiterzubilden. Aber: das FernUSG hat sich, entgegen der Angebote, seit den 70er Jahren nicht geändert. Für Unternehmer bedeutet das viel Bürokratie und eine Menge Zeit- & Kostenaufwand.
In den vergangenen 50 Jahren hat sich viel getan. Neben der Art und Weise, wie wir lernen, hat sich auch das Angebot stark verändert und weiterentwickelt. Heute sind digitale Angebote zur Wissensvermittlung fester Bestandteil der Gesellschaft. Aber was bedeutet das für das FernUSG?
📚 In den 70er Jahren beschränkten sich Lehrbriefe und Fernlehrgänge auf akademische Angebote oder große berufliche Weiterbildungen und Ausbildungen. Das Angebot war dadurch naturgemäß beschränkt und viel merklich kleiner aus als heute. Genau beziffert heißt das: es handelte sich um 1.300 Fernlehrgänge.
🤖 Heute finden sich Möglichkeiten zur Wissensvermittlung in beinahe allen denkbaren privaten sowie beruflichen Bereichen. Aus den knapp über 1000 Angeboten sind Hunderttausende, wenn nicht gar Millionen, geworden – über eine Zulassung verfügen dagegen nur rund 4.700 Kurse. Oft ist nicht klar, ob ein Kurs eine Zertifizierung benötigt, denn die Begrifflichkeiten sind nicht klar definiert und es muss individuell für jeden Kurs entschieden werden.
Unternehmer, die etwa einen Online-Kurs anbieten, müssen ihre Kurse bei der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) einreichen und zertifizieren lassen. Der Antrag dafür ist ziemlich umfangreich, umfasst detaillierte Informationen zu Kursinhalten & Co. und bis zur Zulassung vergehen meist einige Monate. Mit der Zertifizierung ist es allerdings noch nicht getan: Jede signifikante Änderung am Kurs (z. B. neue Module, andere Prüfungsformen) erfordert einen neuen Antrag oder eine Ergänzungsprüfung, was den Aufwand zusätzlich erhöht.
📚 Zu Zeiten der FernUSG-Einführung war dies kein Problem. Es wurde eine Ausbildung in Form von Lehrbriefen entwickelt, die in der Regel über Jahre gleich blieb. War der Kurs einmal zugelassen, galt diese Zulassung für einen langen Zeitraum – eben bis sich die Inhalte des Kurses weitgehend ändern.
🤖 Heute sind die Gegebenheiten etwas anders. Schnelllebigkeit ist einer der wichtigsten Faktoren im Business. Mit immer neuen Updates im Bereich künstlicher Intelligenz und zahlreichen Algorithmen, die sich beinahe täglich ändern, bleiben Kursinhalte selten über Jahre wirklich gleich. In den Monaten, die von der Antragstellung bis zur Kurszulassung vergehen, sind Inhalte möglicherweise schon wieder veraltet und müssen angepasst werden – was eine neue Prüfung erfordert. Zudem macht der langwierige Zulassungsprozess es schwierig, auf neue Trends oder technologische Entwicklungen schnell zu reagieren.
Die Prüfung und Zulassung eines Kurses ist selbstredend nicht kostenlos. Abhängig vom Verkaufspreis des Kurses liegt der Betrag zwischen mind. 1050 oder mehreren Tausend Euro. Dabei gilt die Zulassungspflicht nicht nur für akademische Angebote, sondern für alles: von Kursen zur AI-Nutzung, Fitnessausbildungen bis hin zu Social Media Marketing.
📚 In den 70er Jahren wurden Lehrbriefe und Fernkurse ausschließlich von Unis oder größeren Ausbildungsstätten verfasst und angeboten. Eine kostspielige Zulassung war für diese in der Regel kein Problem – schließlich hatten sie ein großes finanzielles Netz.
🤖 Heute sind durch die breite Angebotspalette und hohe Nachfrage längst nicht mehr nur große Unternehmen und Unis die Anbieter. Viele Startups, Kleinunternehmer und Soloselbstständige bieten spezialisierte Kurse auf ihren Gebieten an. Da diese mit begrenzten Budgets arbeiten, ist die kostspielige Zulassung eine erhebliche finanzielle Hürde.
Häufig unklare Vorgaben und Zulassungsanforderungen wirken sich erheblich auf die Innovationsfreude von Anbietern digitaler Produkte aus. Anbieter zögern oft, neue oder experimentelle Lernformate einzuführen, da unklar ist, ob diese akzeptiert werden. Diese Unsicherheit führt dazu, dass viele Anbieter auf bewährte, konventionelle Kursstrukturen zurückgreifen. Das schränkt die Vielfalt der Angebote ein, da sich Anbieter häufig auf wenige Kurse mit hoher Nachfrage konzentrieren, um die Wirtschaftlichkeit zu sichern. Besonders kleinere Anbieter oder Start-ups, die oft für kreative Innovationen bekannt sind, werden durch diese Hürden ausgebremst und haben Schwierigkeiten, sich zu etablieren. Dadurch bleiben potenzielle Zielgruppen unversorgt und die Weiterentwicklung des digitalen Bildungsmarktes wird gehemmt.
Die Regelungen des FernUSG sind in einer Zeit entstanden, als Fernunterricht noch ausschließlich analog stattfand. Heute hemmen sie Innovation, indem sie fortschrittliche und dynamische Bildungsformate stark begrenzen. Dabei gibt es längst andere Mechanismen, um Verbraucherschutz sicherzustellen: Die Verbraucherschutzvorschriften und Regularien zum Umgang mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben sich inzwischen weiterentwickelt, sodass aufgrund dieser keine Notwendigkeit mehr für das FernUSGs zum Verbraucherschutz besteht. Außerdem trägt die Digitalisierung zur Marktdynamik und Selbstregulation bei – etwa über unabhängige Plattformbewertungen oder soziale Medien. Nutzer bewerten Produkte, informieren sich umfassend vor einem eventuellen Kauf und lesen Bewertungen anderer Käufer. Empfehlung und Bewertungsmarketing spielen heute eine zentrale Rolle und sorgen dafür, dass sich hochwertige Produkte durchsetzen und weniger seriöse Produkte schnell vom Markt verschwinden. Diese Instrumente ermöglichen es Verbrauchern, die Qualität von Bildungsangeboten selbst zu beurteilen.
Um den Anschluss an die heutige Bildungslandschaft zu halten, muss die Gesetzgebung flexibler und technologieoffen gestaltet werden. Regulierungen sollten Innovation fördern, anstatt sie zu behindern, und gleichzeitig den Verbraucherschutz auf effiziente und zeitgemäße Weise gewährleisten. Nur so kann der Bildungsmarkt weiterhin dynamisch bleiben und den vielfältigen Bedürfnissen von Anbietern und Lernenden gerecht werden.
Reseller als Motor für die Wirtschaft, Digitalisierung und Verbraucherschutz
Reseller bieten technische Unterstützung, Verbraucherschutz und internationale Vertriebswege, um Unternehmen den Zugang zum digitalen Markt zu erleichtern. Trotz der vielen Vorteile gibt es Kritik – vor allem von Verbraucherzentralen. Doch warum eigentlich? Was wäre, wenn es das Reseller-Modell in Deutschland nicht gäbe? In diesem Blogartikel beantworten wir die wichtigsten Fragen.
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