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Valentina Ortmann, Copywriter bei Digistore24

Autorin

Valentina Ortmann

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Das FernUSG: 70er Jahre Gesetz meets Digitalisierung

06.12.2024

6 Min. Lesezeit

Menschen mit Papierstapeln in der Hand stehen auf einer Treppe

Online-Kurse sind fester Bestandteil der heutigen Zeit. Doch zwischen Video-Tutorials und digitalen Quizfragen taucht ein Begriff immer öfter auf: das FernUSG. In den 70er Jahren für gedruckte Lehrbriefe entstanden, hat das Gesetz heute Angebote zur digitalen Wissensvermittlung in der Hand. Aber wie gut lässt sich ein 50 Jahre altes Gesetz in Zeiten der Digitalisierung anwenden? Und was bedeutet das für Online-Unternehmer und deren Angebote?

Vom Lehrbrief zum Online-Kurs

Aus der Ferne lernen – das Konzept gibt es schon lange. Bereits im 19. Jahrhundert wurde Wissen über weite Strecken transportiert und so weitergegeben. Fester Bestandteil der deutschen Wirtschaft wurde der Fernunterricht dann in den 1970er Jahren. 

Fernunterricht in den 70er Jahren

  • Format: Lernmaterialien wurden gedruckt und in regelmäßigen Abständen per Post an die Teilnehmer geschickt. Dabei handelte es sich meistens um Lehrbriefe, Bücher, Skripte, Übungsaufgaben und eventuell Audiokassetten.
  • Kommunikation: Kontakt zwischen Lehrenden und Teilnehmern war asynchron und meistens langsam. Austausch war in der Regel auf Papierverkehr beschränkt und Teilnehmer mussten Fragen per Post an die Lehrenden schicken, Antworten haben oft wochenlang gedauert.  
  • Interaktivität: Interaktion fiel minimal und vor allem stark einseitig (Dozent → Schüler) aus. Der Fokus lag auf dem individuellen Lesen und Bearbeiten der Aufgaben. Lernende hatten wenige bis gar keine Möglichkeiten, mit anderen Teilnehmern oder Lehrenden direkt in Kontakt zu treten.
  • Lernzeit: Lernzeiten und -pläne waren in der Regel sehr statisch und Teilnehmer mussten sich strikt an vorgegebene Zeitpläne halten. Die Lehrgänge hatten feste Zeitpläne mit strikten Fristen und vorgegebenen Versandzyklen. Flexibles und individuelles Lernen war kaum möglich.
  • Feedback: Rückmeldungen und Feedback erfolgten verzögert und unpersönlich. Eingereichte Aufgaben wurden postalisch an den Lehrenden geschickt und nach Wochen korrigiert zurückgeschickt. Ein direkter Austausch oder schnelle Klärung von Verständnisfragen war nicht möglich.
  • Technologie: Technologie steckte in den Kinderschuhen, dementsprechend war der Lernprozess komplett analog – höchstens unterstützt durch Schreibmaschinen oder Kassettenrekorder.
  • Zielgruppe: Meist handelte es sich um berufstätige Erwachsene, die aus beruflichen oder geografischen Gründen keinen Präsenzunterricht besuchen konnten. Häufig ging es um Weiterbildungen, Umschulungen oder Abschlüsse wie Abitur oder Fachhochschulreife.

Fernunterricht heute

  • Format: Wissensvermittlung findet auf Online-Plattformen und mit vielseitigen Materialien wie  Webinaren, Videos, E-Books und interaktiven Inhalten statt. Lernende können auf personalisierte Lernpfade, automatisch generierte Inhalte und gamifizierte Module zugreifen.
  • Kommunikation: Austausch findet gleichermaßen synchron und asynchron statt. Live-Webinare, Videokonferenzen und Online-Coaching bieten Echtzeit-Interaktion. Über E-Mails, Foren, Kommentare oder vorher aufgezeichnete Videos ist zudem asynchroner Austausch möglich.
  • Interaktivität: Dank moderner Technologien ist Interaktivität heutzutage hoch. Durch Quizze und interaktive Übungen erhalten Teilnehmer direktes Feedback. Belohnungssysteme und Challenges motivieren und fördern aktives Lernen und Diskussionen in Foren und Social-Media-Gruppen verbinden Teilnehmer weltweit.
  • Lernzeit: Wissensvermittlung gestaltet sich heute flexibel und ist meist jederzeit und überall möglich. Lernende können Kurse in ihrem eigenen Tempo durchlaufen und die Lernzeiten an ihren Alltag anpassen. Pausen oder Unterbrechungen sind möglich, ohne den Lernfortschritt zu verlieren.
  • Feedback: Rückmeldungen kommen heute in der Regel schneller oder sogar direkt. Automatisierte Tests und KI-gestützte Tools geben sofortiges Feedback zu Aufgaben. Bei Live-Kursen erhalten Lernende direkte Antworten von Lehrenden oder Mentoren.
  • Technologie: Technologie ist heute sehr vielfältig. Lernmanagementsysteme (LMS) organisieren Inhalte und Fortschritte. Gleichzeitig bieten Apps Lernmöglichkeiten „on the go“, angepasst an Smartphones oder Tablets, an.
  • Zielgruppe: Heutzutage ist die Zielgruppe sehr breit gestreut. Die Angebote reichen von Grundschulbildung über Hochschulkurse bis hin zu beruflichen Weiterbildungen, Sprachen, Hobbys und mehr. Lebenslanges Lernen wird gefördert – viele Menschen lernen neue Fähigkeiten neben dem Beruf oder im Ruhestand.
  • Zugänglichkeit: Digitale Bildungsangebote sind heute global, ohne physische Barrieren möglich. Es werden ausschließlich ein Endgerät und eine Internetverbindung benötigt. Menschen aus ländlichen Gebieten können die gleichen Bildungsressourcen nutzen wie Menschen in Metropolen.
    Netzwerke: Digitale Lernplattformen fördern die Vernetzung der Lernenden untereinander und die Bildung von Communities.

Digitale Bildung versus FernUSG

1976 wurde im Zuge der Verbreitung von Fernunterricht das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) erlassen, um Teilnehmer der Kurse zu schützen. Das hatte zwei Gründe:

  • Einerseits gab es die heute geltenden Verbraucherschutzgesetze und Regelungen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht. Es mussten also gesetzliche Regelungen für dieses neue Angebot geschaffen werden.
  • Zum anderen gab es zwar deutlich weniger Angebote, Teilnehmer hatten aber auch kaum Möglichkeiten, sich aus geschlossenen Verträgen wieder zu lösen. Stellte sich ein Kurs beispielsweise als unseriös heraus oder wurde doch nicht durchgeführt wie angekündigt, mussten Verbraucher häufig dennoch zahlen.

Ab diesem Zeitpunkt mussten Kurse staatlich zugelassen und zertifiziert werden. Für die damals rund 1300 Kurse kein Problem. Heute sieht das anders aus. In den letzten 50 Jahren hat sich die digitale Wissensvermittlung rasant weiterentwickelt. Mit der Digitalisierung haben sich nicht nur die Möglichkeiten und Angebotsarten zur Wissensvermittlung verändert. Auch die Anzahl eben jener Angebote hat sich massiv erhöht und immer mehr Menschen haben den Willen, sich in allen möglichen Bereichen weiterzubilden. Aber: das FernUSG hat sich, entgegen der Angebote, seit den 70er Jahren nicht geändert. Für Unternehmer bedeutet das viel Bürokratie und eine Menge Zeit- & Kostenaufwand.

Angebote in den 70ern vs Angebote heute

In den vergangenen 50 Jahren hat sich viel getan. Neben der Art und Weise, wie wir lernen, hat sich auch das Angebot stark verändert und weiterentwickelt. Heute sind digitale Angebote zur Wissensvermittlung fester Bestandteil der Gesellschaft. Aber was bedeutet das für das FernUSG?

📚 In den 70er Jahren beschränkten sich Lehrbriefe und Fernlehrgänge auf akademische Angebote oder große berufliche Weiterbildungen und Ausbildungen. Das Angebot war dadurch naturgemäß beschränkt und viel merklich kleiner aus als heute. Genau beziffert heißt das: es handelte sich um 1.300 Fernlehrgänge.

🤖 Heute finden sich Möglichkeiten zur Wissensvermittlung in beinahe allen denkbaren privaten sowie beruflichen Bereichen. Aus den knapp über 1000 Angeboten sind Hunderttausende, wenn nicht gar Millionen, geworden – über eine Zulassung verfügen dagegen nur rund 4.700 Kurse. Oft ist nicht klar, ob ein Kurs eine Zertifizierung benötigt, denn die Begrifflichkeiten sind nicht klar definiert und es muss individuell für jeden Kurs entschieden werden.

Schnelllebiges Wissen vs zeitaufwändige Zulassungsverfahren

Unternehmer, die etwa einen Online-Kurs anbieten, müssen ihre Kurse bei der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) einreichen und zertifizieren lassen. Der Antrag dafür ist ziemlich umfangreich, umfasst detaillierte Informationen zu Kursinhalten & Co. und bis zur Zulassung vergehen meist einige Monate. Mit der Zertifizierung ist es allerdings noch nicht getan: Jede signifikante Änderung am Kurs (z. B. neue Module, andere Prüfungsformen) erfordert einen neuen Antrag oder eine Ergänzungsprüfung, was den Aufwand zusätzlich erhöht.

 📚 Zu Zeiten der FernUSG-Einführung war dies kein Problem. Es wurde eine Ausbildung in Form von Lehrbriefen entwickelt, die in der Regel über Jahre gleich blieb. War der Kurs einmal zugelassen, galt diese Zulassung für einen langen Zeitraum – eben bis sich die Inhalte des Kurses weitgehend ändern. 

🤖 Heute sind die Gegebenheiten etwas anders. Schnelllebigkeit ist einer der wichtigsten Faktoren im Business. Mit immer neuen Updates im Bereich künstlicher Intelligenz und zahlreichen Algorithmen, die sich beinahe täglich ändern, bleiben Kursinhalte selten über Jahre wirklich gleich. In den Monaten, die von der Antragstellung bis zur Kurszulassung vergehen, sind Inhalte möglicherweise schon wieder veraltet und müssen angepasst werden – was eine neue Prüfung erfordert. Zudem macht der langwierige Zulassungsprozess es schwierig, auf neue Trends oder technologische Entwicklungen schnell zu reagieren.

Startups und Wirtschaftswachstum vs hohe Zulassungskosten

Die Prüfung und Zulassung eines Kurses ist selbstredend nicht kostenlos. Abhängig vom Verkaufspreis des Kurses liegt der Betrag zwischen mind. 1050 oder mehreren Tausend Euro. Dabei gilt die Zulassungspflicht nicht nur für akademische Angebote, sondern für alles: von Kursen zur AI-Nutzung, Fitnessausbildungen bis hin zu Social Media Marketing.

 📚 In den 70er Jahren wurden Lehrbriefe und Fernkurse ausschließlich von Unis oder größeren Ausbildungsstätten verfasst und angeboten. Eine kostspielige Zulassung war für diese in der Regel kein Problem – schließlich hatten sie ein großes finanzielles Netz.  

🤖 Heute sind durch die breite Angebotspalette und hohe Nachfrage längst nicht mehr nur große Unternehmen und Unis die Anbieter. Viele Startups, Kleinunternehmer und Soloselbstständige bieten spezialisierte Kurse auf ihren Gebieten an. Da diese mit begrenzten Budgets arbeiten, ist die kostspielige Zulassung eine erhebliche finanzielle Hürde.

Heutige Innovation vs Stillstand durch 70er Gesetz

Häufig unklare Vorgaben und Zulassungsanforderungen wirken sich erheblich auf die Innovationsfreude von Anbietern digitaler Produkte aus. Anbieter zögern oft, neue oder experimentelle Lernformate einzuführen, da unklar ist, ob diese akzeptiert werden. Diese Unsicherheit führt dazu, dass viele Anbieter auf bewährte, konventionelle Kursstrukturen zurückgreifen. Das schränkt die Vielfalt der Angebote ein, da sich Anbieter häufig auf wenige Kurse mit hoher Nachfrage konzentrieren, um die Wirtschaftlichkeit zu sichern. Besonders kleinere Anbieter oder Start-ups, die oft für kreative Innovationen bekannt sind, werden durch diese Hürden ausgebremst und haben Schwierigkeiten, sich zu etablieren. Dadurch bleiben potenzielle Zielgruppen unversorgt und die Weiterentwicklung des digitalen Bildungsmarktes wird gehemmt.

Mit dem FernUSG in die Zukunft

Die Regelungen des FernUSG sind in einer Zeit entstanden, als Fernunterricht noch ausschließlich analog stattfand. Heute hemmen sie Innovation, indem sie fortschrittliche und dynamische Bildungsformate stark begrenzen. Dabei gibt es längst andere Mechanismen, um Verbraucherschutz sicherzustellen: Die Verbraucherschutzvorschriften und Regularien zum Umgang mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben sich inzwischen weiterentwickelt, sodass aufgrund dieser keine Notwendigkeit mehr für das FernUSGs zum Verbraucherschutz besteht. Außerdem trägt die Digitalisierung zur Marktdynamik und Selbstregulation bei – etwa über unabhängige Plattformbewertungen oder soziale Medien. Nutzer bewerten Produkte, informieren sich umfassend vor einem eventuellen Kauf und lesen Bewertungen anderer Käufer. Empfehlung und Bewertungsmarketing spielen heute eine zentrale Rolle und sorgen dafür, dass sich hochwertige Produkte durchsetzen und weniger seriöse Produkte schnell vom Markt verschwinden. Diese Instrumente ermöglichen es Verbrauchern, die Qualität von Bildungsangeboten selbst zu beurteilen. 

Um den Anschluss an die heutige Bildungslandschaft zu halten, muss die Gesetzgebung flexibler und technologieoffen gestaltet werden. Regulierungen sollten Innovation fördern, anstatt sie zu behindern, und gleichzeitig den Verbraucherschutz auf effiziente und zeitgemäße Weise gewährleisten. Nur so kann der Bildungsmarkt weiterhin dynamisch bleiben und den vielfältigen Bedürfnissen von Anbietern und Lernenden gerecht werden.

Reseller als Motor für die Wirtschaft, Digitalisierung und Verbraucherschutz
Reseller bieten technische Unterstützung, Verbraucherschutz und internationale Vertriebswege, um Unternehmen den Zugang zum digitalen Markt zu erleichtern. Trotz der vielen Vorteile gibt es Kritik – vor allem von Verbraucherzentralen. Doch warum eigentlich? Was wäre, wenn es das Reseller-Modell in Deutschland nicht gäbe? In diesem Blogartikel beantworten wir die wichtigsten Fragen.

Valentina Ortmann, Copywriter bei Digistore24

Autorin

Valentina Ortmann

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